Warum

Datum: 2/2012
Fotos: Tim Möller-Kaya

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Opa, was habt ihr früher gespielt?

Opa Dieter Winkler erzählt, warum er zum Fußballspielen Kühe verscheuchte und wie er seine Sonntagsschuhe ruinierte

Die meiste Zeit haben wir Fußball gespielt. Eigentlich immer. Das war einfach und hat nichts gekostet. Alles was man brauchte, war ein Ball. Das Spielfeld war unsere Straße oder eine Weide, von der wir vorher die Kühe verjagen mussten. Das hat der Bauer zwar nicht gern gesehen, aber der nächste Fußballplatz war in der Stadt und auch noch aus Schlacke (kleine rote Kiesel, Anm. d. Red.), die einem die Knie ramponierte.

Jeden Tag haben wir Kinder aus der Straße miteinander gebolzt, bis jemand aus dem Fenster rief: ‚Reinkommen!’ Nachmittags spielten die Kleineren und abends kamen die Großen dazu, die schon in der Lehre waren. Manchmal hat unsere Straße auch gegen eine andere Straße oder einen anderen Stadtteil gespielt. Danach gab es meist kriegerische Auseinandersetzungen. Da war man dann froh, wenn man die Größeren dabei hatte.

Sonntags sollten wir eigentlich keinen Fußball spielen. Da hieß es: ‚Jetzt bekommst du deine Sonntagsschuhe und –hose an. Pass auf!’ Warum man uns überhaupt Sonntagszeug angezogen hat? Ich weiß es nicht. Abends gab es auf jeden Fall immer Ärger, weil die Schuhe voller Matsch oder abgewetzt waren. Ich hatte nur ein Paar Schuhe für die Schule und eines für sonntags. Fußballschuhe haben meine Eltern mir erst gekauft, als ich mit neun Jahren im Verein spielen durfte. Trikot, Hose und Stutzen bekam man dort gestellt.

Wenn nicht Fußball, dann haben wir auf einem Sandplatz am Ende unserer Straße Völkerball gespielt. Oder auch Murmeln. Bei der einen Variante musste man in möglichst wenigen Versuchen die Kugeln mit dem Zeigefinger in ein Loch schubsen. Beim Murmel-Fußball spielte man eine von drei Murmeln immer wieder durch die Mitte der anderen beiden – bis ins gegnerische Tor.

Zu meinen liebsten Spielsachen gehörte ein Roller, den ich zu Weihnachten geschenkt bekam. Er hatte Luftreifen, was damals etwas ganz Besonderes war. Die meisten Roller fuhren auf Holzrollen, die lediglich mit einer Schicht Gummi überzogen waren. Bei jeder Gehwegplatte, die ein bisschen höher stand, ist man damit umgefallen.

Toll war auch ein rotes Auto, das mein Vater mir aus Berlin mitgebracht hatte. Es fuhr mit Batterie, man konnte Gänge schalten und am Steuer ein Kabel befestigen, um es zu lenken. Als Passagiere habe ich Mensch-ärgere-dich-nicht-Steine hineingesetzt.

Besonders gern mochte ich auch Tipp-Kick, das es ja heute noch gibt. Damit konnte man Fußball spielen – ohne sich die Sonntagsklamotten kaputt zu machen.

Dieter Winkler wurde 1946 in Cuxhaven geboren, wo er auch heute lebt. Nach dem Krieg wohnte er mit seinen Eltern und Großeltern in einer Baracke neben einem Fußballplatz, bis er mit sechs Jahren in eine damals neu gebaute Wohnungen in einer Strasse zog, die weitläufig von Gärten, Wiesen und Weiden umgeben war. Er hat zwei Kinder und eine Enkeltochter.