www.sandrawinkler.de / Lasst Hemden sprechen / 2024-12-22 06:46:08
Wo hört Originalität auf und wo fängt Peinlichkeit an? T-Shirts mit Motiven sind eine heikle Angelegenheit. Ganz schnell kann man bei der Wahl danebenliegen. Beweise für lustig gemeinte Fehlgriffe gibt es zur Genüge. Fade Fast-Food- Logos oder dröge Sprüche wie "Single on Tour" werden immer wieder gern zur Brust genommen.
Vor einem modischen Fauxpas dieser Art sollen die T-Shirts der britischen Marke "Worn By" schützen - denn sie sind Star-geprüft. Das britische Label kopiert, was Idole aus Musik, Sport und Film Ende der 60er bis Anfang der 80er Jahre trugen. In der Geschmacksliga von damals spielten unter anderem Blondie-Sängerin Debbie Harry, Sexbombe Tom Jones und Hollywood- Legende Jack Nicholson mit. Die Shirts sind stoffgewordene Erinnerungen an eine Ära, als stilsichere Stars noch keine Rarität waren.
Die Idee des "Original Icon Clothing" stammt von der Londoner Agentur Point Blank, die unter anderem Grafikdesigns für den Musiksender MTV entwirft. Als Vorlage für ihre Retro-Shirts dienen Fotos aus dem Archiv. "Wir versuchen anhand der Bilder die exakte Farbe, den genauen Schnitt und das Material zu imitieren", erklärt Sally Davey von "Worn By". Sozusagen secondhand ohne Flecken.
Jedes Baumwollleibchen hat zudem eine Geschichte: Mit dem bislang erfolgreichsten Motiv "Manilla Gorilla" verspottete Boxer Muhammad Ali zum Beispiel seinen Gegner Joe Frazier vor ihrem legendären Kampf um den Weltmeisterschaftstitel im Schwergewicht in Manila 1975. Dicht gefolgt in der Gunst der Shirt-Shopper: "Who the fuck is Mick Jagger?" Mit diesem Spruch provozierte Keith Richards seinen Rolling-Stones- Kollegen Mitte der 70er Jahre auf der "Tour of the Americas". Beide sprachen zu der Zeit kaum ein Wort miteinander.
Nach den ersten beiden Kollektionen werden im September nun neue Motive folgen, unter anderem mit Shirts von Roger Daltrey (The Who) und Chrissie Hynde (The Pretenders). Die Storys hinter den Klamotten werden dann auch auf den Etiketten im Shirt stehen. Sollte also jemand auf sein "peinliches" Shirt angesprochen werden, kann er ganz lässig auf die eingenähte Stil-Ikone verweisen.
© Sandra Winkler
Stern 33/2005
Fotos: Jörn Rynio